Einige schwangere Frauen befinden sich in einer schwierigen Ausnahmesituation und sehen sich gezwungen, die Schwangerschaft und die Geburt vor ihrem Umfeld zu verbergen. Für diese Frauen ist die vertrauliche Geburt eine gute Alternative zum Babyfenster und wahrt gleichzeitig die Rechte von Mutter und Kind.
Schwangere Frauen, die sich für eine vertrauliche Geburt entscheiden, sind in der Regel in einer grossen Not. Gründe hierfür sind vielfältig. Meist wird die Lebenssituation als besonders schwierig empfunden. Die Schwangere erlebt z.B. Gewalt oder Drohungen durch den Partner und/oder die Familie, ist minderjährig oder es liegen eine Suchterkrankung oder psychische Probleme vor.
Bei einer vertraulichen Geburt kann die Frau in einem sicheren medizinischen Setting betreut werden, ohne dass das soziale Umfeld etwas davon erfährt. Die betroffene Frau erhält im Spital ein Pseudonym (Deckname). Besonders für Frauen in prekären Lebenslagen ist die Schwangerschaftsvorsorge, die Begleitung bei der Geburt und die Betreuung im Wochenbett ein zentraler Wert. Frau und Kind erhalten die medizinische und psychosoziale Betreuung, die ihnen zusteht. Dies im Gegensatz zum Babyfenster, wo die Frau meist alleine im versteckten das Kind zur Welt bringt.
Über die vertrauliche Geburt und die Identität der Mutter informiert das Spital nur die Zivilstandesbehörde und die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde. Beide Ämter sind zur Geheimhaltung verpflichtet. Nach der Geburt hat die Kindsmutter sechs Wochen Bedenkzeit. Der Entscheid für die Adoption kann die betroffene Mutter während weiteren sechs Wochen rückgängig machen. Das Kind wird in dieser Zeit von Pflegeeltern betreut. Erst danach kommt das Kind zu den Adoptionseltern. Mit 18 Jahren hat das Kind die Möglichkeit zu erfahren, wer seine leibliche Mutter ist. Es erhält die Personalien der Kindsmutter. Das Recht des Kindes auf Kenntnis seiner Abstammung laut UN-Kinderrechtskonvention ist gewahrt.
Laut einer Schätzung von Sexuelle Gesundheit Schweiz kommen in der Schweiz mindestens 20 Kinder im Rahmen einer vertraulichen Geburt zur Welt. Offizielle Statistiken fehlen zurzeit noch. Die meisten Kantonen bieten vertrauliche Geburten an, darunter auch das Spital Grabs. Doch nach wie vor ist die Möglichkeit der vertraulichen Geburt wenig bekannt.
Die Beratungsstelle für Familienplanung, Schwangerschaft und Sexualität (Fapla) bietet Beratungen rund um eine ungeplante Schwangerschaft an. Die Gespräche sind kostenlos, vertraulich und ergebnisoffen. In den Beratungen geht es darum, dass die Frau eine Entscheidung treffen kann, wie sie mit der bestehenden Schwangerschaft weiterfahren möchte. Je nach Situation stehen ihr folgende Optionen zur Verfügung: Schwangerschaft austragen, Schwangerschaftsabbruch und Adoption / vertrauliche Geburt. Entscheidet sich die Frau für eine vertrauliche Geburt, gilt es sie in diesem Prozess gut zu begleiten und sie mit den relevanten Stellen der Geburtshilfe und den entsprechenden Ämtern zu vernetzen.
Andrea Marthy-Mulle, Sozialarbeiterin BSc
Beratungsstelle für Familienplanung, Schwangerschaft & Sexualität (Fapla), Regionalstelle Sargans, 081 710 65 85, faplasargans@fzsg.ch, www.faplasg.ch.
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